Terra Serpentes
Terraristik ist mehr als nur ein Hobby

Blog

Hier will ich euch in unregelmäßigen Abständen, kleine Minibeiträge, schreiben über alle möglichen Themen rund um unsere Tiere und die Terraristik.


Terra-Blog


Zurück zur Übersicht

14.05.2022

Wer nur aufs Geld schaut, wird nicht glücklich, wer nicht darauf schaut auch.

Wem es bei der Reptilienzucht, bzw. der Schlangenzucht vor allem ums Geld geht, der wird langfristig nicht glücklich, aber es wird genauso problematisch sein, nicht aufs Geld zu schauen, also Tiere unterm Wert abzugeben, selbst wenn man Minus macht. Erst mal eine steile These, aber der Reihe nach.
Die Vorstellung, dass man mit Schlangenzucht „ganz viel Geld“ verdienen kann ist vollkommen überholt, ja fast lächerlich. Ja, in den Pionierzeiten vor 20 Jahren, als die Königspythonzucht keine Kunst mehr war und Morphen den Markt erobert haben und eine Blue-eyed-Lucy noch 100.000$ gebracht hat, da konnte man tatsächlich Geld verdienen. Köpys waren begehrt und für Farbmorphen wurde richtig Geld hingelegt. Diese Zeiten sind lange vorbei. Heute machen Köpys ca. 90% aller gehaltenen Schlangen aus praktisch jeder Halter züchtet auch. Reine Lokalformen (selbst bei den Köpys) sind fast vollständig verdrängt worden und nur noch extreme Zuchten bringen überhaupt etwas Geld (also die höchst umstrittenen Eightballs oder Scaleless oder Eyeless). Bei anderen Schlangen sieht es kaum anders aus, egal ob Tigerpython oder Boa-Morph. Oben wird Geld verdient, dann kosten die Tiere aber auch schnell 10.000€ oder mehr und unten wird verschenkt, het. für irgendwas endet in der Regel als Kobrafutter oder geht für 50€ an jeden der kein Geld ausgeben will (leider oft dann auch die Tiere, die sich im schlechten Zustand bei Behörden wiederfinden. Nicht selten, weil die Tiere so wenig Geld bringen, dass sich nicht mal jemand die Mühe macht, vernünftige Papiere auszustellen). Jetzt müsste man eigentlich meinen, ok, dann halt reine Lokalformen züchten. Aber nein, auch hier wird man nicht „dick Geld verdienen“ (ja, verdienen muss in die „“ ), da gute Tiere auch hier teuer sind. Z.B. haben Besettes vor 10 Jahren etwa 2000€ pro Tier gekostet und heute kann man froh sein, wenn man 800€ kriegt, dann ist die Zucht noch schwer. Wer dann denkt, „ok, kaufe ich halt billig und verkaufe teuer“, dass funktioniert auch nicht, da sich die Linien stark unterscheiden. Es gibt Peruaner, da bekommt man kaum 500€ und andere die sind für 3500€ sofort weg. Gute Linien sind teuer, dass ist immer so. Gerade reine Lokalformen kann man kaum in Racks halten, da müssen vernünftige Terrarien her und am besten gleich 3.3, davor braucht man gar nicht anfangen bei schwierigen Boas. Dann muss man die Tiere hochwertig ernährend, denn wer am Futter spart wird kaum vernünftig züchten können (gleiches gilt aber auch fürs Überfüttern). Insgesamt bekommt man selbst wenn man die Tiere nicht verschleudert seine Kosten gerade mal gedeckt. Denn ja, auch nicht jedes adulte Pärchen züchtet wie gewünscht. Mit Pech hat man tausende gezahlt und hat mit einer Gruppe nie Nachzuchten, auch dass gehört dazu. Reine Lokalformen sind schwieriger zu stimulieren und manchmal braucht es über 10 Jahre, bis der erste Nachwuchs da ist. „Ganz viel Geld verdienen“ ist also ziemlicher Quatsch. Es ist eher so, dass man bestimmte Preise nehmen muss um plus-minus-null rauszugehen und dass ist ok.
Umgekehrt gibt es auch Züchter, die teure Tiere weit unterm Wert abgeben. Dass bringt leider genauso viele Probleme mit sich. Zunächst mal wird der Marktpreis kaputt gemacht (dann können nicht mal die Kosten gedeckt werden und Tiere werden einfach nicht mehr gezüchtet, bis sie wieder „Mangelware“ sind, spätestens dann explodieren die Preise. Ein Beispiel sind Angulifer. Einst eine 50 Mark-Schlange, dann praktisch verschwunden und heute wird man kaum was unter 500€ bekommen. Mal sehen, ob es vielen Imperatoren ähnlich gehen wird). Leider landen billige Tiere auch oft in den falschen Händen, denn klar, wer 50€ für ein Tier ausgibt scheint es anders zu behandeln und Wert zu schätzen, als wenn 5000€ bezahlt wurden. Nicht wenige Züchter setzten bei „guten Tieren“ heute die Preise sogar gezielt höher an, um zweifelhafte Kreise von vorne herein draußen zu halten. Auch werden billige Tiere gerne vermixt, wie man dass im Fall von Suriname und Guyana schön sehen kann. Surinames haben schon immer mehr gebracht, also wurde die Legende in Umlauf gebracht, „Suriname und Guyana sind ja das gleiche“, was nicht stimmt und sich sowohl an den Tieren selbst leicht ablesen lässt, als auch schon in der Literatur bei Bonny und Russo beschrieben wird. Auf einmal gab es keine Guyanas mehr, sondern nur noch teurere Suriname und der Kreuzung wurde leider auch Tür und Tor geöffnet, so dass man bei den meisten „Surinames“ heute wohl keine reinen Surinames mehr hat, wenn man nicht gerade selbst Wildfänge oder F1 von Wildfängen hat. Bei Guyanas verhält es sich leider ebenso.
Überhaupt ist Deutschland etwas verkorkst, wenn es um Reptilienpreise geht. Wir haben von der Substanz her mit die besten Linien weltweit (bei Boa Constrictor definitiv – ich schließe hier aber mal den ganzen deutschsprachigen Raum ein), so dass gerade USA gerne bei uns kauft. Dort kann man kaum glauben wie billig so gute Tiere abgegeben werden. Suriname bei uns 700€ schon schwierig zu verkaufen. 800€ für eine Peru, nein, dafür ist der Deutsche zu geizig. 300€ ein Imperator, „den krieg ich aber auf der Börse für 50€“. Geiz ist geil, leider mittlerweile ein Lebensmotto hier. In den USA sind Anfang des Jahres Peruaner (und nicht mal extrem gute Tiere) für 4500$ pro Tier (!) verkauft worden. Gute Surinames kosten schnell 2000-3000$. Guyanas für 250€ ? Zum lachen, selbst Wildfänge kosten 950$ . Imperatoren? Unter 400-500$ nichts zu machen und nein, dort wird nicht „nachverhandelt“ oder geknausert oder am Preis gemösert. Oder zugesagt und dann umentscheiden, weils wo anders billiger ist. Obwohl der Durchschnittsamerikaner weit weniger Geld hat, als hier zu Lande, wird gutes Geld bezahlt, selbst für nicht so gute Tiere. Und dass obwohl in Deutschland die Futtertierkosten und vor allem die Stromkosten die höchsten überhaupt sind.
Man kann also festhalten, dass wir hier schon ziemlich paradiesisch leben, was die Terraristik betrifft. Gute Tiere für ziemlich kleines Geld, aber trotzdem wollen manche Hobbyhalter – ganz nach Aldi-Mentalität - die gleichen Tiere „noch billiger“. Am besten 10.000€ Tiere für 50€ kaufen, dann selbst Nachzüchten und für 15.000€ verkaufen – dass das nicht realistisch ist, verstehen viele nicht. Geld verdient man also nicht, sondern deckt nur die Kosten und dafür muss man bestimmte Mindestpreise nehmen. Teurere Tiere zu verschleudern (selbst wenn man es sich leisten kann), schadet langfristig dem Wert der Tiere und nicht selten auch dem Ruf, vor allem aber der langfristigen Wertschätzung und dass sogar ganz massiv!
Langfristig braucht es ein vernünftiges Preis-Wertschätzungsverhältnis, wovon wir aktuell leider meilenweit entfernt sind. Es täte uns gut, wenn die Preise für gute Tiere steigen würden, in der Hoffnung, dass dann die Wertschätzung auch wieder steigt. Aktuell hat Deutschland die niedrigsten Reptilienpreise im Vergleich zu USA und den Ländern Europas, wo Terraristik ebenfalls weit verbreitet ist und dass, obwohl viele dieser Länder sogar ärmer sind als wir. Es läuft also gewaltig was schief und vor allem die Bereitschaft Tiere weit unterm Wert abzugeben verschärft das Problem. Teilweise sind Reptilien sogar schon billiger als manche Säugetiere. Eine gute Freundin von mir züchtet Kaninchen und gibt kein Tier unter 350€ ab (und die Interessenten stehen Schlange bei ihr). Eine Schlange kann man dagegen schon für 50€ kaufen. Verrückt, oder? Irgendwie sehe ich hier Parallelen zum „Kofferraumverkauf“ von Welpen, die den vernünftigen Hundezüchtern die Preise kaputt machen. Auch hier sind massenhaft Missstände bekannt und es werden nicht selten kranke und nicht reinrassige Hunde abgegeben, Hauptsache man kann durch billige Massenvermehrung ein paar Euro sparen. Ein altes Sprichwort sagt: „Immer billig kommt teuer“.



Zurück zur Übersicht