Terra Serpentes
Terraristik ist mehr als nur ein Hobby

IBD - Hysterie und Realität

Das Thema IBD kocht alle paar Jahre wieder hoch, einzig sichere Methoden zur Feststellung am lebenden Tier, oder greifbare, gesicherte Erkenntnisse, gibt es bis heute nicht, dafür sehr viel Panikmache und mehr Spekulation und wage Annahmen, als in dieser Debatte sinnvoll sein kann.

Einsteiger werden ziemlich schnell mit diesem Thema konfrontiert, auch wenn es für sie kaum das zentrale Thema bei der Wahl der ersten eigenen Schlange seien sollte, da es sich um eine ausgesprochen seltene Erkrankung handelt, von wir bis heute praktisch nichts wissen.  Schon in den "good old days" der Terraristik, der 1980er und 1970er Jahre gab es Fälle dieser Krankheit, in den 2000ern konnte man in Foren lesen (dort war die Boa-Community zu Hause vor Facebook), dass es bald keine Boas mehr geben würde, da alle an IBD sterben werden, in den 2010er Jahren wurden diese Behauptungen auf Facebook weiter gesponnen und heute, im Jahr 2022 gibt es immer noch viele Boas und kaum bekannte Fälle. Nicht erst seit "Pandemie-Zeiten", wird Hysterie und Panikmache betrieben, ein Virus solle der Erreger der Einschlusskörperchenkrankheit sein, die zu Organveränderungen und neurologischen Schäden führe (was sich durch unkoordiniertes Kopfverdrehen äußert). Gesicherte Erkenntnisse über mögliche Übertragungswege gibt es nicht. Ob Arenaviren wirklich der Auslöser von Einschlusskörperchen und Organveränderung sind? Bis heute unbewiesen, aber einen Virentest gibt es, der verkauft sich gut, mit Angst kann man eben Geld machen. Blöd nur, dass auch negativ getestete Tiere schon die Köpfe verdreht haben und andere die einige Zeit später getestet wurden, auf einmal ein negatives Testergebnis hatten. Da stellt sich doch die Frage, ob zwischen Arena-Viren und IBD überhaupt ein Zusammenhang besteht (sofern der Test überhaupt brauchbare Ergebnisse liefert). Auch wurden Arena-Viren bei wildlebenden Boas gefunden, die in der Natur aber offenbar noch nicht alle am Virus verstorben sind.

Was auch gegen die Virus-Theorie spricht, sind Beobachtungen, wonach Tiere jahrelang im selben Terrarium gelebt haben, aus der selben Wasserschale getrunken haben und das eine Tier hatte Organschäden, das andere nicht. Eine Obduktion kann zweifelsfrei belegen, ob Organveränderungen vorliegen, beim lebenden Tier, lässt sich jedoch nur spekulieren. Tests scheinen kaum geeignet, da es für die Virus-Theorie auch durchaus widersprechende Indizien gibt und auch Einschlusskörperchen bei Tieren schon festgestellt wurden und wieder verschwunden sind (ein gutes Immunsystem repariert defekte Zellen, dass ist allgemein bekannt, weshalb die Einschlusskörperchen durchaus auch auf Entzündungen zurückzuführen seien könnten). Man spricht oft von IBD, wenn die Tiere die Köpfe unkoordiniert verdrehen, doch es kann andere Ursachen geben. 

Mir ist ein Fall bei einem Züchter bekannt, der diese Symptome bei einem Tier beobachtet hatte, die Obduktion ergab einen Hirntumor und in einem anderen Fall lag ein Fellknäul unglücklich im Magen eines Tieres, worauf es verendet ist (langfellige Meerschweinchen sind kein gutes Futter, dieses Fell können die Tiere oft nicht gut verdauen). In mehr als einem Dutzend Fälle waren die Ursachen Vergiftungen durch Milbenmittel die schwere neurologische Störungen verursachten (in der Regel sind Insektizide Nervengifte - viele Tiere starben, einzelne konnten durch eine Infusion gerettet werden, die das Gift aus dem Körper spülte).   Auch kann Gift durchaus über Futtertiere aufgenommen werden. So sind mir Fälle bekannt, wonach Milbenmittel an Ratten angewendet wurden und als die Tiere für den Frostfutterversand vorbereitet wurden, waren noch Reste des Giftes im Fell. Schlangen fraßen die Ratten und verendeten, wobei eine Labor Untersuchung der Futtertiere später die Belastung feststellte. Auch ein ähnlicher Vorfall mit Blei-belasteten Futtertieren ist bekannt. Selbst Hitzschläge können Kopfverdrehungen verursachen. 

Überhaupt scheinen Reptilien äußerst empfindlich auf Umweltgifte zu reagieren und obwohl es viele Hinweise auf toxikologische Zusammenhänge und IBD als Krankheit gibt, wird diese naheliegende Vermutung kaum untersucht. Sie könnte auch erklären, warum IBD manchmal in Verbindung mit Milben auftritt, denn die Behandlung erfolgt fast immer chemisch. Auch könnte dies erklären, warum in manchen Beständen jahrzehntelang kein Vorfall auftrat (klar, wer 20 Jahre nur ein paar Tiere pflegt und keinen Kontakt mit anderen Schlangenhaltern halt, wird sich auch keine Milben einfangen und muss folglich auch nicht behandeln).

Was sollte nun der Schlangenneuling aus diesem Exkurs mitnehmen?

Zunächst mal, dass wir nichts wissen und es praktisch keine wirklich gesicherten Erkenntnisse gibt. IBD ist eine extrem seltene Krankheit, die fast nie auftritt, die Angst davor ist jedoch groß und in der Regel unbegründet. Wer ein Haustier pflegt, muss damit leben können, dass es irgendwann einmal stirbt und dass kann viele Ursachen haben. Selbst Krebs tritt häufiger auf, weshalb man bei dem Thema eine gewisse Gelassenheit entwickeln sollte (nicht Fahrlässigkeit). Man sollte die Hygiene einhalten (auch schon wegen Keimen und Bakterien, die durchaus bei verschiedenen Lokalformen und Arten, unterschiedlich sein kann), also desinfizieren, Hände waschen, getrennte Schlangenhaken und Trinkschalen verwenden und keine verschiedenen Lokalboas/Unterarten zusammenhalten. Quarantäne sollte eingehalten werden und es sollte hochwertiges Futter gefüttert werden. Chemie sollte nach Möglichkeit gar nicht an unsere Schlangen kommen, so sollte man auf Bauschaum, Plastik dass nicht lebensmittelecht ist und Epoxidharz-Deko verzichten.