Terra Serpentes
Terraristik ist mehr als nur ein Hobby

Richtig füttern

Die richtige Fütterungsphilosophie stellt Einsteiger oft vor eine Herausforderung und selbst unter Profis wird nicht selten eine Wissenschaft daraus gemacht. Gerade Einsteiger tun sich schwer mit der Frage was sie füttern sollen und vor allem welche Größen und uneinheitlich sind die Größenangaben dann auch oft noch. 

Zunächst mal ist es wichtig beim Thema Boa Constrictor klar zu unterscheiden zwischen dem Imperatoren-Komplex und dem Constrictoren-Komplex. Imperatoren sind äußerst robuste Boas, die bei der Fütterung wenig Probleme machen und in der Regel kein Futter auswürgen (sog. Reguration, die für die Tiere durchaus gefährlich werden kann, wenn sie sich zu oft widerholt). Wer also Imperatoren pflegt, den wird lediglich die richtige Futtertiergröße interessieren, doch auch hier lassen sich schwerlich "einfache Formeln" finden. Als Faustregel gilt, man sollte ca. alle 10 Tage füttern und dass Futtertier sollte so groß sein, dass man nach dem Fressen eine leichte Fressbeule sieht (siehe unten). Damit eine Boa richtig verdauen kann, braucht sie nach dem Fressen Wärme und vor allem Ruhe, dann verschwindet die Fressbeule ein paar Tage nach der Fütterung. Tiere die frisch gefressen haben sollten nicht mehr hantiert oder anderweitig gestresst werden (wobei es natürlich ok ist, wenn man ein Tier aus der Fütterungsbox zurück ins Terra setzt). Was Einsteiger manchmal überrascht ist das "aggressive Verhalten" nach der Fütterung oder kurz davor. Dabei muss man wissen, das Reptilien durchaus sehr Instinkt-gesteuert reagieren können, wenn sie Futter riechen oder frisch gefressen haben. Darum kann es Sinn machen, sie ein paar Minuten zur Ruhe kommen zu lassen. 

Gutes Boa-Futter sind Farbmäuse und Ratten, nicht geeignet und nur in Ausnahmefällen kann man Vielzitzenmäuse, Wüstenrennmäuse und Küken verfüttern. Vor allem Eintagsküken haben kaum Kalzium, was zu Glasknochen führen kann, wenn man sie ausschließlich damit ernährt. Vielzitzen und Wüstenrenner haben eine Fellstruktur, die viele Boas nicht vertragen. Farbmäuse dagegen sind ideales Futter und haben sogar ein besseres Kalzium-Phosphor-Verhältnis als Ratten. Mäuse haben bei geringer Größe auch schon besser entwickelte Knochen, die Boas verdauen müssen und für ihren eigenen Knochenaufbau brauchen. Sog. Specki-Ratten haben noch keinen festen Knochenaufbau, weswegen sie sich nur bedingt eignen (da sie kein Fell haben, eignen sie sich jedoch für die ersten paar Fütterungen von Constrictoren, wie wir unten noch sehen werden).

Üblicher Weise werden Farbmäuse in verschiedenen Größen angeboten. Springer (ca. 7g bis 10g) sind oft der beste Einstieg bei sehr kleinen Tieren, die man grundsätzlich nur Futterfest übernehmen sollte, d.h. sie haben bereits mehrfach selbstständig Totfutter gefressen. Bei größeren Exemplaren empfehlen sich 15g bis 20g Mäuse (adult bis semiadult). 

Der Constrictoren-Komplex ist jedoch anders zu bewerten. Einige Lokalformen neigen zum Futter auswürgen, auch Reguration genannt, wenn bestimmte Parameter nicht passen. Bei einem Imperator kann man ruhig mal zu groß oder zu oft füttern, oder was komplett falsches, wie Vielzitzenmäuse. Sie werden diese Fehler leicht verzeihen, doch Constrictoren leider nicht. Man vermutet, dass die Neigung zum Futter auswürgen von der Tatsache her rührt, dass Constrictoren, die eher im Süden Amerikas vorkommen, sich dort in den ersten Lebensjahren, hauptsächlich von Echsen und Amphibien ernähren, also von nichts was Fell hat. Die Magenschleimhaut junger Constrictoren ist oft noch empfindlich und ihr Stoffwechsel ist oft noch träger als der der Imperatoren. Wir ernähren sie also nicht ideal in den ersten Lebensmonaten. Für die ersten paar Fütterungen bieten sich daher Specki-Ratten an, also Babyratten die noch unter 10 Tage alt sind und die deshalb kaum richtiges Fell entwickelt haben. Der Flaum lässt sich leichter verdauen und hilft Baby-Constrictoren so ihre ersten Mahlzeiten zu bewältigen, Energie zu gewinnen und eine bessere Magenrobustheit zu entwickeln. Oft kann man recht schnell dann auf Farbmäuse umsteigen (etwas anderes als Farbmäuse und Ratten sollte man nicht geben). Als Faustregel kann man sagen, dass man deutlich kleiner füttern sollte, als bei Imperatoren. Es sollte also nur eine leichte Fressbeule zu sehen sein. Wächst das Tier, muss das Futtertier entsprechend größer gewählt werden. Diese Empfindlichkeit verlieren Constrictoren ca. nach dem 3. Lebensjahr und entwickeln dann die selbe Unempfindlichkeit wie Imperatoren. Adult gibt es praktisch keine Unterschiede mehr zwischen Constrictor und Imperator bzgl. der Fütterung. 

Ausgewachsene Boas sollte man mit großen Ratten und Kaninchen füttern. Meerschweinchen nur in Ausnahmefällen und langfällige Meerschweinchen schon gar nicht. Je großer das Futtertier, desto größer sollten die Abstände auch sein. Ein 900g Kaninchen, dass einer 10 Kg Boa mit über 2m verfüttert wird, sollte 4-6 Wochen reichen (bei einem Weibchen, ein Männchen wird deutlich sparsamer gefüttert, da reichen in der Regel große Ratten).

Will man mit dem Weibchen dagegen nicht züchten, würden auch 2 x 300g Ratten alle 3 Wochen reichen. Männchen bleiben bei Boa constrictor deutlich kleiner und sollten entsprechend auch schmaler gefüttert werden. Bei adulten Tieren hängt die Futtertiergröße und die Auswahl des richtigen Intervalls, stark davon ab ob man züchten möchte oder nicht.

Insgesamt empfehle ich saisonales füttern, d.h. mit klaren Fütterungspausen von mindestens 2 Monaten ein mal im Jahr, ab dem 2. bis 3. Lebensjahr. Im ersten halben Jahr kann man etwas häufiger als alle 10 Tage füttern, wenn ein Jungtier etwas schwach oder klein wirkt, aber insgesamt würde ich die ersten 2 Jahre eher sparsam füttern, besonders bei Constrictoren. Im 3. Jahr kann man die Tiere dann etwas anschieben, wenn sie aus der Fütterungspause kommen. Wichtig ist, dass wenn man nach der Fütterungspause das erste mal wieder füttert, sehr klein anfängt und dann schrittweise über ein paar Wochen, größere Futtertiere gibt. Dadurch gewöhnen sich die Tiere wieder ans Verdauen größerer Futtertiere. Zu großes Futter nach einer längeren Pause kann zu Futter auswürgen führen.


Junge Constrictoren richtig füttern


Der Komplex der Constrictoren ist insgesamt schwieriger in der Aufzucht und berüchtigt für das Phänomen der Reguration (also Futter auswürgen), weshalb nicht wenige Neulinge sehr schnell den Spaß am Hobby verloren haben oder an Rotschwänzen (wie man Constrictoren umgangssprachlich manchmal auch nennt), allgemein. Oft heißt es dann, die Tiere seien "empfindlich", "nicht haltbar" oder gar "der Züchter hat ein schlechtes Tier verkauft". Dabei geht das Auswürgen von Futter praktisch immer auf Haltungsfehler zurück.

Man kann es nicht oft genug betonen. Constrictoren sind anspruchsvoller in der Aufzucht! Oft will ein Einsteiger nicht mit "den langweiligen Imperatoren" anfangen, sondern gleich "mit den schönen Rotschwanzboas", ignoriert dabei aber, dass es eine Herausforderung sein kann, die nicht selten schief geht, besonders dann, wenn die Fütterungshinweise des Züchters, bzw. erfahrener Halter, gänzlich ignoriert werden. 

Dabei will ich hier niemanden abschrecken, denn ich kenne sehr wohl Boa Halter, die mit den heikelsten Lokalformen in dieses Hobby eingestiegen sind und keine Probleme mit der Aufzucht ihrer Boas hatten (es waren aber auch solche die Fragen gestellt haben, Bücher gelesen haben und auf erfahrene Halter gehört haben - vor allem aber sich etwas sagen ließen und aus Fehlern die jeder am Anfang macht, gelernt haben, eine weit unterschätze Fähigkeit, die letztlich den guten Halter vom schlechten unterscheidet, was bei der Zucht übrigens nicht viel anders ist).

Ich will hier versuchen ein paar Faustregeln an die Hand zu geben an den man sich orientieren kann und die natürlich je nach Tier und Situation angepasst werden müssen. Etwa die richtige Futtertiergröße usw. - klar ist aber, dass kleiner oft besser ist.


Oft sollte man am Anfang ohne Fell füttern, d.h. Speki-Ratten oder kleine Mäuse (7g oder weniger - Achtung! Farbmäuse. Keine Vielzitzen oder Hybride!). Dabei sollte der Fütterungsintervall ruhig lang gewählt werden, also alle 10 Tage bis alle 14 Tage. Grundsätzlich gilt, wenn es drin bleibt und die Tiere koten, so dass der Kot nicht auffällig aussieht, passt alles. Auch wenn es bei so kleinen Portionen dauern kann, bis Kot abgesetzt wird und man kaum eine Fressbeule sieht. Da muss man einfach nie nötige Geduld aufbringen.

Wie auch schon bei Imperatoren sollte man den Tieren nach der Fütterung Ruhe gönnen und die nötigen Wärmeplätze müssen natürlich zur Verfügung stehen. Bei der Verdauung entstehen oft Gase, die die Tiere aufblähen (was zunächst normal ist), doch wenn das Futter zu groß ist, kann es zum Auswürgen kommen. Da die Verdauung viel Wasser verbraucht, trinken die Tiere oft verstärkt. Ist dann das Futtertier zu groß und ein Tier hat sich vollgetrunken, kann es auch zum Futter auswürgen führen. Ein alter Terrarianer-Trick ist, den Tieren vor der Fütterung reichlich Wasser anzubieten und kurz vhttps://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/com.cm4all.wdn.Separatingline/images/thumbnail.svg or dem Füttern die Wasserschalen für ein paar Tage rauszunehmen. In der Natur müssen sie oft auch mit langen Trockenzeiten auskommen, da schaden ein paar Tage nicht. Ist die Fressbeule nach 3 oder 4 Tagen weg, stellt man wieder Wasser hin. Damit die Tiere es nicht zu trocken haben, kann man weiterhin gut sprühen. Manchmal trinken die Tiere dann Tropfen von den Wänden oder Körperschlingen - diese geringen Mengen verursachen keine Probleme. Insgesamt würde ich die Technik nur bei sehr heiklen Arten und nur einige Male empfehlen, wenn man sich unsicher ist und jedes Auswürgen vermeiden will.

Erste Hilfe bei Futterauswürgen

Gibt es doch mal den Fall, dass ein Tier Futter reguriert hat, sollte man auf keinen Fall in Panik verfallen. Zunächst sollte man dem Tier mindestens 2 Wochen, besser 3 Wochen Ruhe geben, d.h. weder groß hantieren, noch Futter anbieten. Die Zeit braucht der Magen um sich regenerieren zu können. Auch müssen die Parameter überprüft werden um festzustellen woran es lag. Oft ist das Futtertier zu groß, es wird das falsche gefüttert, z.B. Vielzitzenmäuse oder es ist zu kalt bzw. gibt keine ausreichenden Wärmeplätze. Ein typischer Fehler ist auch, bei einem Neuankömmling, zu früh zu füttern. Gerade Boa Constrictor Constrictor british Guyana sind bei Startortwechsel empfindlich. Aber selbst eine robuste Amarali kann Futter auswürgen. Prinzipiell kann jeder Constrictor und andere Unterarten aus dem sog. Constrictoren-Komplex Futter auswürgen - selbst eine robuste Occidentalis.

Nach einer angemessenen Pause (3 Wochen), bietet man ein deutlich (!) kleineres Futtertier an. Selbst wenn es "zu klein" ist, ist dass ok. Hauptsache es bleibt drin. Zur Unterstützung kann man das Aufbaupräparat Bioserin ins Futtertier (nur in ein totes!) spritzen. Etwa 1 ml pro Kg Körpergewicht. Bioserin muss kühl gelagert werden. Die richtige Anwendung ist selbst ein Kapitel wert. 

Wichtig ist vor allem dass sich Futterauswürgen nicht zu oft wiederholt, da es für die Tiere gefährlich werden kann.