Terra Serpentes
Terraristik ist mehr als nur ein Hobby

Ein zukunftsfähiges Modell im Artenschutz

Ein zentrales Problem im heutigen Artenschutz ist es, dass seine Anwendung durch das Cites-Abkommen fast ausschließlich in der westlichen Welt, also Europa und USA greift. Salopp gesagt wird es für Züchter und Halter zum Problem, da ein oftmals nicht gut durch dachtes Bürokratie-Monster, die Nachzucht von Nachzuchten und damit den Arterhalt einschränkt und sogar massiv behindert, aber die zentralen Probleme in den Ursprüngsländern nicht löst, wo sich der Artenschutz nicht durchsetzten lässt. Diese Symbolpolitik hat in den letzten Jahren immer krassere Züge angenommen, die durch radikale Tierrechtler befeuert, immer mehr in eine Anti-Exoten-Ideologie abdriften, frei nach dem Motto "art geschützte Tiere in Menschenhand lieber zur Tötung frei geben und/oder aussterben lassen, als sie in der Hand professioneller Züchter und Halter zu belassen". Politisch gewollt ist es, die Haltung dieser Tiere komplett zu verbieten und dass offenbar um jeden Preis, ohne Rücksicht auf den Artenschutz, denn das zentrale Problem heute ist die Lebensraumzerstörung und Konflikte die aus einer Konkurrenz von Menschen und Tier um Lebensgrundlagen, hervorgehen. 

Etwa bei Python Molurus Molurus in Pakistan, wo die Schlangen sich hauptsächlich von Ziegen ernähren und damit die Lebensgrundlage von Menschen in einem armen Land bedrohen. Also Folge davon, werden die Tiere meist totgeschlagen. Der Artenschutz spielt keine Rolle, da sich Schutzabkommen dort gar nicht durchsetzen lassen. Das selbe Bild zeigt sich in Indien, wo die Pythons von Einheimischen in der Regel getötet werden, obwohl die Tiere dort seit Anfang der 70er Jahre unter strengem Schutz stehen, ist dieser praktisch nicht durchsetzbar. Die Liste lässt sich unendlich fortsetzen. Auf Kuba ist die Schlankboa (C. Angulifer) stark gefährdet, da die Lebensräume immer mehr verschwinden und sie von den Einheimischen getötet werden, da diese ihnen die Hühner wegfressen. In Argentinien, wo die Boa constrictor Occidentalis lebt, ist das größte Problem die Lebensraumzerstörung und nicht etwa "illegale Naturentnahmen", wie auch Studien aus Indien, Pakistan und Kuba belegen. Die argentische Boa wurde in den 1980er Jahren wegen ihrem Leder gejagd, doch seit sich die Mode geändert hat, haben sich die Bestände erholt. Schon 2012 gab es Stimmen, dass sie wieder den WA II Status bekommen sollten. Das Problem ist heute eher die Landwirtschaft in den Ländern und die anhaltende Lebensraumzerstörung. Ähnlich sieht es in Brasilien und Bolivien aus. 

Was kann man also tun für einen effektiven Artenschutz? 


Zunächst mal muss man begreifen, dass gezielte Nachzuchten in Menschenhand ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz sind und dass dieser geschützt und gefördert werden muss, d.h. eine Zusammenarbeit von Behörden und Haltern, statt Generalverdacht, Gängelung, Bürokratie und Vorurteile. 

Der wichtigste Teil des Artenschutzes findet jedoch ausschließlich in den Ursprungsländern statt. Ein Problem ist oft die Armut und das die Tiere für die Einheimischen keinen ökonomischen Nutzen haben, was ein gezielter Ökotourismus ändern könnte, wie etwa Costa Rica ihn betreibt. Andere Erfolgsmodelle sind die Farming-Modelle die etwa Ghana in Afrika betreibt. Dort werden trächtige Königspythonweiben eingefangen, legen Eier in Menschenhand und werden dann wieder frei gelassen. Die gefarmten Nachzuchten dürfen exportiert werden und bringen den Einheimischen Geld und eine Wertschätzung für die Tiere. 

Der wesentliche Faktor ist jedoch die Lebensraumzerstörung, besonders durch die Landwirtschaft oder Industrie betrieben. Hier muss es nationale Schutzbestrebungen geben, die sich jedoch nur in den Ländern und mit Hilfe der jeweiligen Regierungen aufbauen und durchsetzen lassen. Wenn der Ökotourismus eine ökonomische Rolle spielt, könnte auch die jeweilige Startortwahl für Industrieanlagen anders ausfallen. Hier helfen nur ganzheitliche Konzepte die immer auch in den Ländern die es betrifft selbst stattfinden müssen. 

Eine Einschränkung und Behelligung von Tierhaltern bei uns bringt gar nichts für den Artenschutz, sondern schadet ihm nur, nicht zuletzt, da viele Tiere nur noch in Menschenhand existieren. Zoos alleine werden die Aufgaben der Zukunft kaum meistern können, einfach deshalb weil es zu viele Arten betrifft und Zoos durch ihre Kapazitäten sich eher um die großen Arten kümmern (und dass auch äußerst erfolgreich). Die kleinen Privathalter leisten ihren Beitrag bei kleineren Arten. Die Arche Noah Terraristik kann dadurch einen wichtigen Beitrag liefern und eine Auswilderung in Zukunft ermöglichen, falls Naturformen erhalten bleiben.

Hier ist das nächste Problem. Die Bundesartenschutzverordnung in Verbindung mit den Vollzugshinweisen zum Artenschutz, begünstigen aktuell eher Farbvarianten (Morphen), die eine wilde Kreuzung aus verschiedenen Unterarten und Lokalvarianten sind. Also Tiere die so in der Natur nicht vorkommen und die für den Artenschutz keinen wichtigen und erhaltenswerten Beitrag leisten. Es müsste umgekehrt sein, dass Morphen wegen den Problemen auch durch Qualzuchten, die sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft haben, stärker reguliert werden, aber Naturvarianten und besonders die Zucht streng geschützter Wirbeltiere, also alle WAI Arten, begünstigt und gefördert wird, da hier jedes Tier eine wichtige Bereicherung darstellt. Bürokratie und Generalverdacht haben jedoch in den letzten Jahren das Gegenteil bewirkt. So sind heute 95% aller Terrarientiere Farbmorphen und erhaltenswerte WAI Tiere kurz vor dem Aussterben in Menschenhand. Wegen Meldepflichten, Dokumentationspflichten und behördlichem Kontroll-Wahn, sahen sich viele Züchter und Halter zunehmend bedrängt und haben diese Tiere seit den 2000ern (2002 wurde die Dokumentationspflicht in Deutschland mehr schlecht als recht eingeführt), aus ihren Beständen genommen und nicht mehr nachgezüchtet, so dass vieles regelrecht verschwunden ist. Für den Artenschutz wertlose Farbmorphen sind dagegen explodiert, auch weil sie meist von der Meldepflicht befreit sind. Hier setzten Behörden Fehlanreize und verschärfen den Druck auf diese erhaltenswerten Arten zusätzlich.


Die Herausforderungen der nächsten Jahre werden sicherlich noch größer werden. Es braucht also dringend eine Zusammenarbeit zwischen Haltern, Züchtern und Behörden und dass weit über die Grenzen der EU hinaus. Gerade erfahrene Halter und Züchter verfügen oft über ein Expertenwissen, dass sich Behörden zunutze machen könnten, um den tatsächlichen Gefährdungsgrad der jeweiligen Art, einschätzen zu können. Zusammenarbeit muss auch mit Einheimischen vor Ort aufgebaut werden. Dafür braucht es internationale Kooperationen.