Meldepflichten, ein Relikt mit vielen Missverständnissen
Die Meldepflicht bei Reptilien stammt noch aus der Zeit der 1970/1980er Jahre, wo Reptilien exotische Haustieren waren und der rechtliche Status oft nicht geklärt war. Das internationale internationale Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) wurde am 3. März 1973 erstmals unterzeichnet und sollte den Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen regulieren. Dabei steckte hier ein Artenschutzgedanke dahinter, also die Idee, dass es feste Regeln geben müsse, nach denen lebende Tiere der Natur entnommen und verkauft werden dürfen. Damals war eine komplett andere Welt im Vergleich zu heute. Man konnte im Urlaub eine Boa Constrictor im Handgepäck mit nach Hause nehmen ohne irgendein Gesetz zu verletzen, was natürlich aus heutiger Sicht kritisch zu betrachten ist, wobei es damals bei weitem noch nicht diesen Tourismus in Mittel- und Südamerika gab wie heute und die Bestände bei auch durch Rohstoffabbau, bei weitem noch nicht so gefährdet waren wie heute. Der Gedanke war im Kern ein guter. Es sollte der Raubbau an der Natur verhindert werden (aus heutiger Sicht kann man diese Idee als gescheitert betrachten, ja es dürfen keine Tiere mehr der Natur entnommen werden, dass braucht es aber auch nicht, da heute nicht nur eine Art, sondern alle massiv gefährdet sind, durch industriellen Raubbau und Lebensraumzerstörung - es ist sogar noch verrückter wie wir sehen werden, denn in den Ursprüngsländern, ist es politisch nicht möglich die Umwelt zu schützen, dafür bedrängt man heute unter dem Deckmäntelchen des "Artenschutzes" Tierhalter die Nachzuchten von Tieren haben, die in der 10. Generation keine Natur mehr gesehen haben, also die Haltung dieser Tiere gar keinen negativen Effekt auf die natürliche Population haben kann. Überhaupt sind Bürokratisierung und Überregulation oft das Todesurteil jedes Artenschutzgedankens).
Ursprünglich haben die Cites-Reglungen also sinn gemacht, also dass es amtliche Dokumente für jedes lebende Tier gibt. Weil der Staat jedoch gerne kontrolliert was er nicht versteht (selbst wenn kein Personal zur Verfügung steht), musste in den 1980er/1990er Jahren jedes Reptil bzw. Cites-geschütze Tier gemeldet werden. Dies änderte sich erst 2005 mit der Neuauflage des ArtSchG. Hier gab es erstmal die Anlage 5, die bestimmte Arten von der Meldepflicht ausnahm. Hintergrund war, dass das Hobby Aquaristik und Terraristik einen enormen Zulauf gewonnen hatte. Es war kein "Hinterhofhobby" mehr wie es Norbert Zajac mir gegenüber mal erwähnte - Norbert ist eine Legende in der Tierhaltung und hat all diese Entwicklungen aus erster Hand mitbekommen - das Hobby wurde gesellschaftsfähig und hatte weltweit seine Fans.
Die Befreiung von der Meldepflicht war also eine sinnvolle Regelung, zumal sich die Welt auch stark geändert hatte. Die meisten Exportlänger hatten mittlerweile eine strenge Ausfuhrregelung, illegaler Schmuggel war daher sehr schwierig, bzw. kaum noch möglich und auch kaum nötig, weil auch das Wissen über unsere Pfleglinge stark zugenommen hatte - schon in den 1990er Jahren gab es viele Bücher über Reptilien. Die Haltung auf Dauer war damit kein Problem mehr und Nachzuchten gelangen sehr häufig, so dass es bald mehr Tiere als Nachfrage gab und die Preise stark vielen, daher lohnte sich keine Naturentnahme mehr. Nur noch wenige professionelle Importeure erhielten die Erlaubnis Genehmigte Wildfangimporte durchzuführen. Für WA I Arten machten es die Behörden leider schwieriger, da 2002 die Dokumentationspflichten eingeführt wurden, was zu Chaos führte und leider auch dazu, dass die besonders schützenswerten und erhaltungswertesten Reptilien kaum noch gezüchtet wurden. Die Occidentalis z.B. brachte diese Politik an den Rand des Aussterbens in der Terraristik, während sich die Bestände in der Natur schon seit Anfang der 1990er Jahre wieder stabilisiert hatten (Occidentalis WA I gelistet 1987).
Für die Freunde der Boa Constrictor brachte 2005 die gute Nachricht, dass sie nun nicht mehr meldepflichtig waren. Die Ausnahme bildete Boa c. Occidentalis, da sie einen anderen Schutzstatus hatte. Sie ist bis heute meldepflichtig und dokumentationspflichtig. Alle anderen Boa Constirictor sind von der Meldepflicht befreit.
Sind nicht doch nur die Unterarten Boa Constrictor Imperator und Boa Constrictor Constrictor befreit?
Dieses Gerücht hält sich leider hartnäckig und basiert auf einem Fehler den die Verfasser der Anlage 5 machten, da sie fälschlicher Weise annahmen, dass es sich bei Boa c. Imperator und Boa c. Constrictor um Arten handeln würde. Die Bundesartenschutzverordnung in Verbindung mit den Vollzugshinweisen zum Artenschutz sind jedoch sehr klug verfasst. Dort ist detailliert geregelt, dass einzig die tatsächliche wissenschaftliche Artzugehörigkeit ausschlaggebend ist, was nachvollziehbar ist, denn nicht selten gehen aus einer Art, zwei neue Unterarten hervor im Zuge neuerer Forschung. Damit die alten Cites-Regelungen nicht komplett neu bestimmt werden müssen, gelten die alten Regelungen automatisch auch dann, wenn sich eine neue Unterart abspaltet (der Sinn ist zu verhindern, dass sich aus der Neubestimmung eine komplett ungeschützte, weil noch nicht Cites-erfasste Unterart wird - daher der Umweg über die Artregelung. Arten sind im Linneischen Artkonzept so getrennt, dass sie sich nicht verpaaren lassen, was auch die biologische Realität widerspiegelt). Die Liste der Arten werden bei Wisia erfasst .
Die Gattung Boa wird hier mit nur einer Art richtiger Weise erfasst. Ihre erst-in-Schutz-Stellung wird mit 1980 angegeben und ist seither gültig.
Aus BArtSchV §7 abs(2) ff. geht hervor:
Die Betonung liegt hier auf "Arten". Dieser §7 gibt uns also vor, WIE wir die Anlage 5 zu lesen haben. Um jeden Zweifel auszuräumen, sei hier auf die Vollzugshinweise zum Artenschutz verwiesen (S.28):
Es ist einzig die wissenschaftliche Bezeichnung maßgeblich, wie sie nach Wisia gelistet ist. Wir schauen in die Anlage 5:
Der obige Verweis auf den §7 Abs. 2 fehlt in den meisten Listen die im Internet kursieren und sorgen daher für entsprechende Verwirrung und falsche Deutung. Auch hier wird noch mal eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Liste von "Arten" handelt.
Bei Iguana Iguana handelt es sich beispielsweise um eine Art die sich mittlerweile in mehrere Unterarten unterteilt. Auf den Schutzstatus hat dies keinen Einfluss (so ist das Gesetz logischer Weise konstruiert). Bei Boa Constrictor wurde hier der Fehler gemacht, dass man fälschlicher Weise annahm, es würde sich bei Boa s. Constrictor und Boa c. Imperator um zwei Arten handeln, was falsch ist (nicht nur biologisch, auch bei Wisia wird richtiger Weise nur eine Art, Boa Constrictor gelistet).
Insgesamt gibt es also nur eine Art, Boa Constrictor, wobei alle Unterarten automatisch unter die Anlage 5 fallen und somit von der Meldepflicht ausgenommen sind.
Die Boa c. Occidentalis (argentinische Südboa) ist davon ausgenommen, weil sie einen eigen höhere Schutzstatus hat (WA I). Sie ist bei Wisia aber auch entsprechend separat gelistet.